Varroa-Bekämpfung

Var­roa-Mil­ben sind seit eini­gen Jahr­zehn­ten der größ­te Feind der euro­päi­schen Honig­bie­nen. Die Mil­ben befal­len ins­be­son­de­re die Brut der Bie­nen, ernäh­ren sich von ihrem Blut und über­tra­gen diver­se Krank­hei­ten auf die geschwäch­ten Larven.

Die Var­roa­mil­ben kön­nen sich unter ungüns­ti­gen Bedin­gun­gen so ver­meh­ren, dass ein Volk kom­plett ster­ben kann, wenn der Imker es nicht behan­delt. Dabei haben sich mitt­ler­wei­le eine gan­ze Palet­te von Behand­lungs­mög­lich­kei­ten her­aus­ge­bil­det, von denen meist meh­re­re in Kom­bi­na­ti­on zur Anwen­dung kommen.

Analysemethoden

Aus­gangs­punkt jeder Behand­lung ist eine Ana­ly­se des Befalls. Es gilt, fest­zu­stel­len, wie­vie­le Mil­ben sich aktu­ell in einem Volk auf­hal­ten. Das kann man nicht direkt tun, weil die Mil­ben sich zum gro­ßen Teil in der Brut auf­hal­ten und nicht ohne deren Zer­stö­rung sicht­bar sind. Selbst die Mil­ben, die sich auf den Bie­nen auf­hal­ten, sind mit blo­ßen Auge kaum erkenn­bar, weil sie sehr klein sind und sich zudem in den Ker­ben des Bie­nen­kör­pers verstecken.

  • Gemüll­ana­ly­seWenn Var­roa­mil­ben ster­ben oder beim Put­zen der Bie­nen abfal­len, sam­meln sie sich zusam­men mit ande­ren Abfäl­len im soge­nann­ten Gemüll. So wird der Abfall genannt, der durch das Boden­git­ter fällt und sich unter dem Stock sammelt.Um die­ses Gemüll ana­ly­sie­ren zu kön­nen, setzt man einen Boden­schie­ber unter dem Git­ter ein, der eine hel­le, glat­te Ober­flä­che hat. So kann man die abge­fal­le­nen Mil­ben rela­tiv ein­fach zäh­len (sie­he auch den Bei­trag “Var­roa-Inven­tur” im Blog).

    Beim Zäh­len hilft es, die Schie­ber-Ober­flä­che vor­her mit Stri­chen eines Per­ma­nent-Mar­kers in Strei­fen oder Recht­ecke ein­zu­tei­len. Ein dün­ner Ölfilm auf der Ober­flä­che ver­hin­dert, dass die Mil­ben her­un­ter­rut­schen oder fort­ge­schleppt werden.Den Schie­ber lässt man etwa zwei bis vier Tage unter der Beu­te, zählt die Mil­ben und teilt das Ergeb­nis durch die Anzahl der Tage. So wer­den Schwan­kun­gen des Abfalls über die Tage etwas ausgeglichen.

    Die abge­fal­le­nen Mil­ben stel­len nur einen gerin­gen Teil des tat­säch­li­chen Gesamt-Befalls dar. Die ermit­tel­te täg­li­che Anzahl muss je nach Jah­res­zeit mit einem Fak­tor zwi­schen 100 und 300 mul­ti­pli­ziert wer­den, um den Gesamt-Befall des Vol­kes Volk abschät­zen zu kön­nen (Abbil­dung 1).

Abschätzung des Varroa-Gesamtbefalls
Abbil­dung 1: Abschät­zung des Gesamt­be­falls aus dem täg­li­chen Mil­ben-Abfall und der Jahreszeit

Nach Dr. Lie­big [4] soll­te ein Volk sofort behan­delt wer­den, wenn bei der Gemüll­ana­ly­se im Spät­som­mer mehr als 50 Mil­ben täg­lich fal­len. Schon ab 10 Mil­ben täg­lich ist eine bal­di­ge Behand­lung ratsam.

  • Puder­zu­cker-Metho­de
    Bei der Puder­zu­cker-Metho­de macht man sich den Effekt zu Nut­ze, dass die Var­roa-Mil­ben beim Ein­satz von Puder­zu­cker von den Bie­nen abfal­len oder von den Bie­nen mit dem Puder­zu­cker abge­putzt werden.Dem Stock wer­den etwa 50 Gramm (eine Hand­voll) Bie­nen ent­nom­men und in ein Schüt­tel­ge­fäß gege­ben, das auf einer Sei­te nur mit einem Git­ter ver­schlos­sen ist. Die Mas­se der Bie­nen misst man mit einer Haus­halts­waa­ge (vor­her das Gewicht des Schüt­tel­ge­fä­ßes fest­stel­len!). Durch das Git­ter gibt man etwa 3 Ess­löf­fel tro­cke­nen Puder­zu­cker und war­tet etwa 3 Minuten.

    Dann schüt­telt man den Puder­zu­cker wie­der durch das Git­ter her­aus. Mit ihm fal­len auch die Mil­ben durch das Git­ter. Die Bie­nen über­ste­hen die­se Pro­ze­dur und kön­nen wie­der in den Stock zurück­ge­schüt­tet werden.

    In die Zucker-Mil­ben-Mischung gibt man etwas Was­ser, damit die Mil­ben bes­ser sicht­bar wer­den, zählt sie und errech­net, wie­viel Mil­ben pro 50g Bie­nen ent­hal­ten sind.

    Mit die­ser Metho­de stellt man nur die Anzahl der Mil­ben fest, die sich auf den Bie­nen befin­det. Da der Groß­teil der Var­ro­en in der Brut sitzt, ist der Gesamt­be­fall deut­lich höher. Anhand der fol­gen­den Tabel­le nach [5] kann man abschät­zen, ob eine sofor­ti­ge oder bal­di­ge Behand­lung nötig ist.

    Hand­lungs­be­darf
    (bezo­gen auf 50 g Bie­nen)
    JuliAugustSep­tem­ber
    Volk vor­erst ungefährdet 5 Milben 10 Milben 15 Milben
    Behand­lung in nächs­ter Zeit erforderlich5 — 25 Milben10 — 25 Milben15 — 25 Milben
    Schad­schwel­le überschritten
    unver­züg­lich mit Amei­sen­säu­re behandeln!
    über 25 Milben
  • Waben­pro­ben

Biotechnische Bekämpfung

  • Ent­fer­nen von Drohnenbrut
    Var­roa­mil­ben befal­len vor allem die Bie­nen­brut und dort vor allem die Droh­nen­brut (der Befall ist 5 bis 10 mal höher als in Arbei­te­rin­nen­brut [1]).
    Das kann man aus­nut­zen, indem man dem Volk lee­re Baurähm­chen ein­setzt, die im Som­mer vor allem mit Droh­nen­wa­ben aus­ge­baut wer­den. Ent­fernt man die Rähm­chen, bevor die Droh­nen schlüp­fen, wer­den auch die Var­roa­mil­ben, die inzwi­schen die­se Brut befal­len haben, mit entfernt.
    Die Brut wird aus den ent­de­ckel­ten Rähm­chen aus­ge­räumt (z.B. mit einem schar­fen Was­ser­strahl) und die Waben sofort ein­ge­schmol­zen. Die Mil­ben ster­ben dabei eben­so wie die unge­schlüpf­ten Droh­nen. Der Befall des Vol­kes kann dadurch in gewis­sem Maße ver­rin­gert werden.
  • Bil­dung von Ablegen
    Die Bil­dung von Able­gern ver­rin­gert im zurück­blei­ben­den Teil­volk den Var­ro­abe­fall, weil mit der ent­nom­me­nen Brut auch Mil­ben ent­nom­men wer­den. Zudem ent­steht im wei­sel­lo­sen Teil­volk eine Brut­pau­se, nach­dem die alte Brut geschlüpft ist und bevor die neue Köni­gin mit der Eiab­la­ge beginnt. In die­ser Zeit kann gut mit Milch- oder Oxal­säu­re behan­delt wer­den, die jeweils nur auf die Bie­nen wirken.
  • kal­te Überwinterung
    Bei einer kal­ten Über­win­te­rung mit offe­nem Boden und/oder Flug­loch ent­steht etwa von Novem­ber bis Janu­ar eine Brut­pau­se und damit eine brut­freie Zeit, die man zur Sprüh-Behand­lung mit 15%iger Milch­säu­re nut­zen kann.
  • erzwun­ge­ne Brutpause
    Eine Brut­pau­se kann durch kom­plet­te Ent­nah­me der Brut am Ende der Sai­son (Ende August) oder durch Ein­sper­ren der Köni­gin erzwun­gen wer­den. Ziel ist, das brut­freie Volk mit Milch­säu­re behan­deln zu können.
    Ent­nimmt man die Brut, kann man schwach beleg­te Brut­wa­ben ein­schmel­zen. Stark beleg­te Waben kann man (mit aus­rei­chend Ammen­bie­nen) in eine soge­nann­te “Brut­scheu­ne” (also eine lee­re, ent­fernt ste­hen­de Beu­te) ein­hän­gen, aus­lau­fen las­sen und dann mit Milch­säu­re behan­deln. (bee-boost-Röhr­chen zur Ver­hin­de­rung der Königinnen-Nachzucht?)
    Das jetzt brut­freie Volk behan­delt man eben­so sofort mit Milch­säu­re. An Stel­le der Brut­wa­ben gibt man neue Mit­tel­wän­de, damit das Volk sei­nen Bau kom­plett erneuert.
  • Züch­tung resis­ten­ter Arten
    Prak­tisch alle Bie­nen­for­schungs­in­sti­tu­te sind damit beschäf­tigt, Bie­nen­stäm­me mit grö­ße­rer Resis­tenz gegen die Var­roa­mil­be zu züch­ten. Der Erfolg ist bis­her aber gering.

Umstrittene Behandlungsarten

  • VSH (Var­roa sen­si­ti­ve Hygie­ne), hygie­ni­sches Ver­hal­ten [2]
    Bie­nen kön­nen nach [2] befal­le­ne Brut erken­nen und ent­we­der kom­plett aus­räu­men oder sogar die Mil­ben ent­fer­nen. Die­ses Ver­hal­ten ist bei unter­schied­li­chen Bie­nen ver­schie­den aus­ge­prägt. Resistant­Bees ver­sucht, die­se Bie­nen zu selek­tie­ren, indem die Völ­ker unbe­han­delt blei­ben und “durch die Kri­se gehen” müs­sen. Die über­le­ben­den Bie­nen sol­len dadurch resis­ten­ter gegen Mil­ben­be­fall werden.
    Klei­ne­re Zel­len (4,8 bis 5,1 mm mit schma­len oder feh­len­den Zwi­schen­wän­den statt der übli­chen Vor­prä­gung der Mit­tel­wän­de auf 5,4 mm) und gerin­ge­rer Waben­ab­stand (32 mm) sol­len die Stock­tem­pe­ra­tur erhö­hen und damit die Ent­wick­lungs­zeit der Brut ver­kür­zen (z.B. von 21 auf 20 oder 19 Tage), wodurch den Var­roa­mil­ben weni­ger Ent­wick­lungs­zeit in der Brut ver­blei­ben würde.
    Das Kon­zept von Resistant­Bees ist hoch umstritten.
  • Wär­me­be­hand­lung (Bie­nen­sauna®, DIHEU Bie­n­en­vi­tal®, Ther­mo­so­lar-Hive, VarroaController)
  • Zwi­schen­bo­den (Hein­richs Zwi­schen­bo­den, Mull­er-Brett, VarroaCatch)
  • Ultra­schall-Behand­lung (Var­roa Killer-Sound)

Chemische Bekämpfung

  • Puder­zu­cker (Bie­nen­hil­fe)
  • orga­ni­sche Säuren 
    • Amei­sen­säu­re
      • Kurz­zeit (Schwamm­tuch)
      • Lang­zeit (Ver­duns­ter)
        • Nas­sen­hei­der
          • Clas­sic (ver­ti­kal)
          • Pro­fes­sio­nal (hori­zon­tal)
        • Lie­big-Dis­pen­ser
    • Milch­säu­re
      • wirkt nicht auf Brut
      • Sprü­hen mit 15%iger Lösung bei >5°C
    • Oxal­säu­re
  • syn­the­ti­sche Medikamente 
    • Resis­ten­zen
    • Rück­stän­de

Quel­len

  1. Wiki­pe­dia über die Var­roa­mil­be
  2. Resistant­Bees
  3. Dr. Pia Aumei­er: Monats­be­trach­tung Juli 2010
    in “Die neue Bie­nen­zucht” (DNB) 07/2010 Sei­te 226
  4. Dr. Lie­big: “Ein­fach imkern”, 3. Auf­la­ge 2011, Sei­te 85
  5. Bie­nen­kis­te: Var­roa­dia­gno­se mit Puderzucker
  6. Bie­nen­hil­fe: Alter­na­ti­ves Varroa-Behandlungsmittel
  7. Bie­nen­jour­nal: Basis­wis­sen Bie­nen­ge­sund­heit — Mil­ben­kon­trol­le durch ganz­jäh­ri­ge Dia­gno­se und Bekämpfung